Über Gérard Lattier
Gérard Lattier ist ein Wort- und Bildkünstler.
Seine Familie stammt aus der Ardèche. Sein Vater war viele Jahre Steinbrucharbeiter in Ruoms, bevor er als Rangierarbeiter in Nîmes lebte.
Im Mai 1944 stirbt Gérards Vater bei einem Bombenangriff der Aliierten. Gérard erfährt als Siebenjähriger davon. Dieses Kindheitstrauma wird entscheidenden Einfluss auf sein Werk haben.
Als Zwanzigjähriger entgeht er dem Krieg in Algerien mit einem Krankenhausaufenthalt in einem Militärspital: Dort findet er einen inneren Freiraum: in der äußeren Unfreiheit malt er eine Welt von Fabelwesen.
Nach der Entlassung aus dem Militärspital beginnt er mit seinem künstlerischen Werk. Er malt grauenhafte, verrückte Phantasiewesen. Seine Arbeiten beeindrucken Maler der damaligen Zeit wie Clovis Trouille und Pierre Molinier. Sie sehen in Gérard Lattier einen zukünftigen Vertreter „Schwarzer Malerei“…
1965 fällt er in eine Depression, die von vorübergehender Blindheit begleitet ist. Im selben Jahr begegnet er Annie. Sie heiraten und bekommen im Jahr darauf ihren Sohn Renaud. Als Gérard wieder sehen kann, beginnt er wieder zu malen. Nun aber gibt er Ölmalerei, Tusche und Tiefdruck auf und verschreibt sich der Gouache. Er malt auf Holztafeln, die mit Leinen bezogen sind.
Er wird „Maler – Vorführer – Interpret von gemalten Bildern, die Erinnerungen Kleiner Leute mit all ihren Ängsten und Vorlieben, mit ihren Aufmüpfigkeiten, ihrem Antimilitarismus, kurz einer unerhört breit gefächerten oralen Kultur“, wie es Pierre Gaudibert formuliert, in der Monographie „Lattier ou La mémoire en couleurs“ (Lattier oder Erinnerung in Farben), die 1981 im Candide-Verlag herauskommt.
Seine Malerei zeichnet sich durch eine Komposition von Bildern und Texten aus, die mündlich überlieferte volkstümliche Geschichten zum Inhalt hat. Er erzählt auf Mundart und in Hochsprache. Der örtliche Bezug zur Ardèche ist Gérard sehr wichtig. Zeitlebens bleibt er mit viel Herzblut mit Ruoms verbunden.
In den achtziger Jahren bekommt Gérard einen öffentlichen Auftrag, die Illustration der Geschichte des ‚Untieres vom Gevaudan‘. Als er fünf Jahre später eine Reihe von über 40 großformatigen Bildern geschaffen hat, wird die Bestellung zunächst nicht übernommen. Heute findet man sie als ständige Ausstellung in Saint-Étienne-de-Lugdarès.
Wenige Jahre später tritt neben diese wichtige Werkreihe Lattiers noch ein weiteres großes Werk, mit dem er im Jahr 2005 begonnen hatte: Mit seinem ‚apostolischen Lausbubenlachen‘ macht sich Gérard Lattier daran, auf seine besondere Art die Evangelien ins Bild zu setzen. Er holt sie in die Gegenwart, in seinen Alltag, in seine sehr persönliche Erfahrungswelt. In etwa fünf Jahren schafft Lattier mehr als hundert Arbeiten, die zum „Evangelium nach Sankt Lattier“ werden…
Nach zahlreichen Ausstellungen in Frankreich, den Vereinigten Staaten, der Schweiz und Schweden setzt sich Gérard Lattier keineswegs zur Ruhe. Er malt immer noch mit Energie und Leidenschaft. Unter den neueren Arbeiten gibt es welche, die dem Chansonnier Georges Brassens gewidmet sind, den er verehrt, aber auch ganz andere Themen erweitern sein lebenssprühendes und so unerhört originelles Werk. Anlässlich seines 85. Geburtstags im Jahr 2022 wird Gérard Lattier für sein Lebenswerk geehrt, organisiert von seinem Freund und Verleger Hervé Ozil. Es finden fünf Ausstellungen an verschiedenen Orten in der Süd-Ardèche statt.